Mülheim-Kärlich. -thi- Wöchentlich schaut ihm ein Millionenpublikum bei der Arbeit zu: Sky-Moderator Thomas Wagner ist in den Stadien Europas zu Hause und berichtet bei nationalen und internationalen Fußballpartien vom Seitenrand. Seine Heimat Bell hat der 45-Jährige dabei nie vergessen. „Ich bin stolz darauf, wo ich herkomme“, erklärt er. Wie Wagner seinen Weg ins Fernsehgeschäft fand und welchen neuen Job er nach der laufenden Saison angenommen hat, verrät er in AM WOCHENENDE.
Es war ein prägendes Erlebnis für Thomas Wagner, als ihm 1994 sein Vorgesetzter beim damaligen Sportsender DSF sagte: „Thomas, du darfst hier alles machen, aber du wirst nicht einen Satz sprechen.“ Grund war sein Eifeler-Heimatdialekt. Der ehrgeizige Beller recherchierte für den Sender vor Ort, schrieb Beiträge, bereitete Sendungen vor – aber ein Interview ohne perfektes Hochdeutsch war ein „No-Go“.
Doch Wagner ließ sich nicht unterkriegen, meldete sich kurzer Hand bei einer Sprachschule an und übte Hochdeutsch. Trotz seines Dialekts ist er stolz auf seine Heimat: „Ich habe meine Wurzeln nicht vergessen, komme sehr gerne in die Heimat.“
Seine große Chance kam fernab von der Eifel dann bei der Handball-Europameisterschaft in Italien 1998: Deutschland hatte das Halbfinale gegen Spanien verloren, Wagners Kollege war so niedergeschlagen, dass er sich nicht in der Lage sah Interviews zu führen. „Wagner hast Du einen Anzug dabei? Du machst heute die Interviews“, entschied der DSF-Vorgesetzte kurzer Hand. „Du bekommst im Leben immer mindestens eine Chance, dein Kollege ist vielleicht krank oder steckt im Stau – das ist dann der Moment, wo alles sitzen musst“, blickt Wagner zurück.
Und es saß: Der Beller überzeugte die drei Millionen Zuschauer vor den heimischen Fernsehern mit seiner lockeren Art, guten und fundierten journalistischen Fragen. Zudem präsentierte er sich als guter Zuhörer. „Du brauchst ein bis zwei gute Einstiegsfragen, danach kommt es aufs Zuhören an. Du musst auf Deinen Gesprächspartner eingehen“, erklärt der 45-Jährige, der seine ersten journalistischen Erfahrungen in der Sportberichterstattung übrigens in unserer Mediengruppe absolvierte.
Dass er vor der Kamera oftmals zu einem Millionenpublikum spricht, macht Wagner nicht mehr nervös. „Man gewöhnt sich dran. Ich bin nervöser, wenn ich eine Veranstaltung moderiere und mir 30 Leute gegenübersitzen.“ Über seine Zeit beim Pay-TV-Sender Sky (seit 2001) und an der Seitenlinie kann Wagner nur „das Beste“ sagen: „Es ist ein Traumjob ohne Frage. Aber dennoch geht er an die Substanz. Der Druck und die Reisebelastungen sind hoch.“
Wie hoch zeigte sich z.B. bei der Partie des russischen Erstligisten FK Krasnodar gegen Borussia Dortmund in der UEFA Europa League. Nach einem stundenlangen Flug versucht er vor Ort ein Taxi zum Stadion zu bekommen – doch kein Taxifahrer spricht auch nur einen Brocken Englisch. Nach einer langen Odyssee kommt er gerade rechtzeitig im Stadion an, moderiert die Partie und fliegt im Anschluss zusammen mit der Mannschaft zurück. Der Luftraum ist jedoch gesperrt – zumindest für die BVB-Sponsor-Airline „Turkish Airlines“, deshalb landet der Flieger zunächst in Istanbul. Von dort aus geht es nach Verzögerung mit dem Flieger nach Paderborn, dann mit dem Bus nach Dortmund, von dort aus mit dem Auto in seine Wohnung in Köln.
Trotz Reiseeskapaden liebt Wagner den Sport und seine Persönlichkeiten: „Ich hatte viele tolle Gesprächspartner. Wirklich positiv in Erinnerung geblieben sind mir die Stars Franz Beckenbauer und Jürgen Klopp – sie haben viel erreicht, aber sind menschlich und sportlich geblieben.“ Auch die Cheftrainer von Köln, Peter Stöger, und Dortmund, Thomas Tuchel, schätzt Wagner sehr.
Eine besondere Anekdote fällt ihm zum Tennisstar Boris Becker ein: „Wir moderierten zusammen ein Tennisturnier. Boris sagte: ,Es ist richtig heiß. Hast Du Lust auf ein Eis?‘ Auf meine Antwort ,ja gerne‘, folgte von ihm: ,Ja, dann hol mal zwei‘“, blickt Wagner schmunzelnd zurück.
Auf der anderen Seite übt der Beller aber auch Kritik: „,Echte Typen‘ werden im Fußball immer seltener. Profis werden bereits in der Jugend abgeschirmt und geschult. Sie verlieren den Bezug zur Welt außerhalb des Sports.“ Benehmen, Ehrlichkeit, Anstand – Attribute, die man immer seltener antreffe.
Davon unabhängig will der 45-Jährige es selber noch einmal wissen. Mit der neuen Bundesligasaison wird Wagner den nächsten Karriereabschnitt einschlagen. Vom Pay-TV-Sender Sky wird er zur RTL Mediengruppe wechseln und dort zusammen mit der Moderatorin Laura Wontorra eine Bundesliga-Highlight-Show auf dem Sender RTL Nitro präsentieren. „Ich freue mich riesig drauf, wir werden viele prominente Gäste aus der Welt des Sports bei uns haben und Zeit für ausführliche Analysen.“
Auch dann wird zu Spitzenzeiten sicher wieder ein Millionenpublikum einschalten.
Fotos: Wagner / Thielen