KOBLENZ. -com- Alte Brillen sind nicht für die Tonne: Was mit Brillen alles gemacht werden kann, das sehen die Koblenzer bald live auf der Festung Ehrenbreitstein. Johannes Klein und Carlo Wagner, die ehrenamtlich das Projekt „Brillen Weltweit“ führen, stellen ihr Projekt mit einer Aktion am Samstag, 7. Oktober (11 Uhr), auf der Festung Ehrenbreitstein vor. AM WOCHENENDE hat vorab mit den Initiatoren über die Arbeit des Brillenprojektes gesprochen.
„Viele wissen nicht, dass es eine Recycling-Station für Brillen in Koblenz gibt“, erzählt Carlo Wagner, der als gelernter Optikermeister der Fachmann bei „Brillen Weltweit“ ist. Zusammen mit Johannes Klein führt er ehrenamtlich das Projekt weiter, das vor 40 Jahren von dem Koblenzer Apotheker Klaus Stephan Kiefer initiiert wurde.
Kiefer war nicht der einzige mit der Idee, alte Brillen an Bedürftige weiterzugeben. Zur gleichen Zeit sammelte auch der französische Abt Francois Meyer in seinem Kloster im Elsass Sehhilfen für den guten Zweck. Als die beiden voneinander erfuhren, kooperierten sie und arbeiteten zusammen.
Die in Deutschland gesammelten Brillen wurden bis 2008 nach Frankreich gegeben. In dem französischen Kloster wurden sie aufgearbeitet und fanden von dort aus den Weg an die Abnehmer – in Länder, in denen Menschen leben, für die Sehhilfen ein absolutes Luxusgut sind.
„Manche Menschen haben ein Einkommen von 5 Dollar. Sie sind froh, wenn sie den Alltag meistern können. Viel für andere Anschaffungen, wie Brillen, bleibt da nicht“, erklärt Johannes Klein, der sich immer persönlich darum kümmert, dass die von ihrem Projekt bearbeiteten Brillen nur kostenfrei an Bedürftige abgegeben werden.
Alles Dank einer
guten Vernetzung
Das ist im Ausland häufig nur möglich durch die gute Vernetzung des Deutschen Katholischen Blindenwerks, das als Träger von „Brillen Weltweit“ fungiert. Johannes Klein, der jetzt wie auch Carlo Wagner, ehrenamtlich das Projekt leitet, kannte als Pharmazeut Kiefer über seinen Sohn und unterstützte ihn für die gute Sache.
Erstmals ins Stocken kam das Ganze, als das Kloster im Elsass schließen musste und „Lunettes sans frontière“, der französische Standort der gemeinnützigen Aktion wegfiel.
Durch den Zusammenschluss mit der Inklusionsfirma „Best“ war „Brillen Weltweit“ in der Lage die steigenden Mengen an Altbrillen weiterhin zu stemmen.
„Wir haben hier bei ‚Brillen Weltweit‘ 32 Mitarbeiter, von denen knapp 30 bis 40 % mit einem Handicap eine Integrierung in den Arbeitsmarkt erfahren“, berichtet Andrea Ehrlich, die für die Firma „Best“ tätig ist und die Mitarbeit in Koblenz in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur koordiniert.
Die Menschen, die hier die Chance auf sinnvolle Arbeit bekommen, werden von dem Jobcenter an die Inklusionsfirma vermittelt.
„Wir haben sogar Wartelisten für die Plätze“, erzählt die Sozialarbeiterin. Denn die Arbeit, die dem gemeinnützigen Zweck dient, ist nicht nur ein geregelter Lebensabschnitt für Menschen, die schon länger mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben, sondern auch noch eine sinnvolle Aufgabe, mit der sie helfen können.
Jede Brille wird
weiter verarbeitet
Hunderttausende Brillen werden jedes Jahr aufgearbeitet, gereinigt, vermessen und im Anschluss verteilt. Die Arbeit beginnt bei der Annahme und geht weiter zur Sichtung. Je nach Zustand wird jede Brille entsprechend aufbereitet.
Selbst die Sehhilfen, die solchen Schaden haben, dass eine professionelle Reinigung nicht mehr hilft, werden ihre einzelnen Bestandteile zerlegt und verwertet. Keine Brille landet hier einfach so in einem Mülleimer. In diesem Prozess hat jeder seine unterschiedlichen Aufgaben und jedem Mitarbeiter werden diese passend zugeteilt.
„Dabei verzichten wir teilweise auch auf die Technisierung mancher Arbeitsschritte, um so Arbeitsplätze zu erhalten“, beschreibt Wagner.
Dass das Ganze dabei fachmännisch über die Bühne geht, dafür sorgt der gelernte Optikermeister Carlo Wagner, der sich als Unterstützung dem Projekt anschloss. Auch er übernimmt genauso wie Johannes Klein ehrenamtliche Arbeit für „Brillen Weltweit“.
Klein und Wagner geben jede freie Minute
Während er das Wissen in die Arbeitsprozesse mit einfließen lässt, kümmert sich der gelernte Pharmazeut um die Logistik. Vor allem durch seine nationalen sowie internationalen Kontakte wird nicht nur die Annahme durch zusätzliche Spenden verbessert, sondern auch die Abnahme wesentlich einfacher.
„Doch bei manchen logistischen Prozessen kommen auch wir an unsere Grenzen“, erzählt Klein und berichtet von einer großzügigen Spende von mehreren tausenden Brillen, die auf sie in Berlin wartet.
Den Transport können sie jedoch ohne Hilfe nicht bewerkstelligen. Und aus diesem Grund sind sie gerade bei der Annahme und auch für den anschließenden Transport auf die Unterstützung durch Spendengelder angewiesen. „Alles was darüber hinaus geht müssen wir manchmal auch von unseren eigenen Ersparnissen tragen“, sagt Wagner.
„Deshalb haben wir uns etwas einfallen lassen, damit ‚Brillen Weltweit‘ bekannter wird, vor allem auch hier in Koblenz selbst“, erklärt er und hat sich gemeinsam mit Johannes Klein eine besondere Aktion für Koblenz überlegt. „Wir knacken den Weltrekord der längsten Brillenschlange der Welt“ – das war das ambitionierte Ziel. Der bis jetzt gültige Rekord im Guinness Buch von Japan liegt bei einer Kette an Brillen die eine Länge von 2013 Meter beträgt.
Dank der motivierten Mitarbeiter, die Feuer gefangen hatten bei der Möglichkeit einen neuen offiziellen Rekordes aufzustellen, war schon sehr schnell klar: „Wir werden den Weltrekord knacken“, dessen war sich Carlo Wagner bereits vor Monaten sicher. Und jetzt ist es auch offiziell: Sie haben bereits 3000 Meter Brillenschlange fertig geknüpft und das noch Wochen bevor die fertige Kette auf der Festung Ehrenbreitstein offiziell präsentiert werden soll, gemeinsam mit Schirmherrin Julia Klöckner.
Am Samstag, 7. Oktober (11 Uhr), kann sich jeder Interessierte selbst von der „Siegerkette“ überzeugen. Und natürlich werden diese Sehhilfen nach der feierlichen Präsentation im Sinne des Projektes wieder recycelt.
Weitere Infos und Kontakt: Brillen Weltweit, Moselweißerstr. 36, Koblenz; www. brillenschlange-2017.de.