MAYEN. -edb- Noch ist es nicht soweit, aber zehn Jahre später wäre eine Trüffelernte durchaus denkbar. Der Mayener Michael Riehl hat das Abenteuer gewagt und auf einem Weidenstück in Kaisersesch „Trüffelbäume“ gepflanzt. Die mit einem speziellen Pilz geimpften Bäumchen brauchen gut zehn bis 12 Jahre, bis sich die wertvollen Trüffeln in der Erde bilden. Fachmännische Anleitung holt sich der Pilzexperte vom französischen Mentor Lionel Bourlier, der vergangene Woche zur Bodenprüfung angereist war. Das Ergebnis fiel schon mal gut aus: Boden und Lage sind für die Trüffelzucht wie geschaffen. Bei der Baumauswahl hat sich Riehl auf Haselnuss, Eiche und Buche festgelegt. Wenn alles klappt, kann er in beliebiger Reihenfolge ernten: oben Nüsse, unten Trüffeln.

Trüffeln Marke Eigen(an)bau – Pilzexperte Michael Riehl schaut von den Franzosen ab, wie’s geht

Für den Eigenbedarf können die geimpften Bäumchen im Kübel gezüchtet werden.

Als Aphrodisiakum hoch gepriesen, im Gesundheitslexikon unter Heilpflanzen aufgeführt – dem Trüffel eilt so mancher Ruf voraus. Einer könnte noch dazu kommen, denn für den Pilzexperten Michael Riehl (67) ist eines klar: Trüffelanbau könnte die Altersabsicherung der Zukunft sein. Doch zu spät sollte man nicht damit beginnen. Denn wer Trüffeln ernten möchte, muss Geduld aufbringen. Bis das kulinarische Gold geerntet werden kann, vergeht gut und gerne eine Jahrzehnt.

Die Australier haben’s vorgemacht, die Neuseeländer ziehen nach, Deutschland als einstiges Trüffelanbaugebiet Nummer 1 liegt weit abgeschlagen auf Platz „Unter ferner liefen“. Dabei ist der Trüffelanbau eigentlich ein Klacks.

„Wenn heimische Bäume wie Eiche oder Haselnuss mit dem Pilz geimpft in Symbiose wachsen, kann dies sogar in großen Kübeln im privaten Garten oder in Terrassenkultur erfolgen“, erklärt Riehl, den seit drei Jahren die Trüffelleidenschaft ergriffen hat.

Ein spezielles kalkhaltiges Mineralgemisch mit einem ph-Wert von circa 7, ein sonniges Plätzchen, keine Staunässe – mehr braucht’s nicht. Und dann zehn bis zwölf Jahre Geduld, die wohl schwerste Bedingung fürs Gelingen.

Die sich aber lohnt, ist sich der Mayener sehr sicher: „Als Gewürz aus dem eigenen Garten oder als Altersvorsorge.“

Denn wer die ersten zehn Jahre abgewartet hat, dem winkt für die nächsten Jahrzehnte eine satte Rendite. Übliche Marktwerte: 1 Kilo Sommer- oder Burgunder-Trüffeln etwa 400 bis 800 Euro; 1 Kilo Périgord-Trüffeln ab 1 500 bis 5 000 Euro. 80 bis 250 Gramm ist die übliche Größe, die von der Gastronomie abgenommen wird. Verwendet werden pro Gericht nur 5 bis maximal 3 Gramm.

Wer nachrechnet, kommt tatsächlich auf eine attraktive Gewinnspanne. „Und die ist noch größer, wenn man Trüffeln systematisch anbaut“, ereifert sich der passionierte Pilzsammler, der sich die wichtigsten Anregungen von seinen französischen Freunden aus Périgord holt.

Er selbst hat sich auf dieses Abenteuer eingelassen. Dafür hat ihm der Kaisersescher Ortsbürgermeister Gerd Weber ein Gelände auf dem Nellehof zur Verfügung gestellt. „Da finden die Trüffeln optimale Bedingungen vor“, erläutert Riehl. „Sonnig, kein Feuchtigkeitsstau und vulkanische Erde.“ Bei der Baumauswahl hat sich Riehl auf Haselnuss, Eichen und Buchen festgelegt. In zehn Jahren kann er dann ernten: oben Nüsse und unten Trüffeln.

Michael Riehl (li), hier zusammen mit seinem französischen Mentor von Lor‘ Truffe und Trüffelexperten, Lionel Bourlier, und dessen Trüffelhund bei der Kontrolle der Bodenverhältnisse in Kaisersesch. 

 

 

„Eine gute Altersvorsorge“ – Oder: Was Sie schon immer über Trüffeln wissen wollten

Ob Trüffeln nun mehr können als nur die Geschmacksnerven zu erregen, da ist sich der Experte nicht sicher. „In China gibt es einen regelrechten Hype um die Trüffel als Aphrodisiakum“, schmunzelt Michael Riehl. „Aber manchmal versetzt ja auch der Glaube Berge.“ Am gesundheitlichen Aspekt allerdings will er nicht rütteln. „Trüffeln sind Vitalpilze, finden aber nur selten den Weg eines medizinischen Einsatzes. Denn wegen ihres hohen Marktwertes und aufgrund ihrer einmaligen Aromen enden sie in den Küchen und Töpfen der Gourmets und Liebhaber exklusiver Gerichte.“ Was man über die Welt der Trüffeln wissen sollte, erläutert der Mykotherapeut im Gespräch mit unserer Zeitung AM WOCHENENDE.

Tritt für die Rekultivierung brachliegender Flächen ein: der Mayener Pilzexperte Michael Riehl.

Sie sind seit 2013 Heilpilzexperte. Warum sind Pilze so wichtig?
Pilze sind sogenannte Symbionten zu einer Pflanze oder einem Baum. Ohne sie gäbe es kein florales Leben, denn nur sie können Mineralien enzymatisch aufschließen. Wasser und Mineralien geben sie an den Baum weiter und erhalten von diesem im Gegenzug den dringend benötigten Zucker, den Pflanzen durch Photosynthese herstellen können. Eine Win-Win-Situation für beide.

Warum ist Deutschland als ehemalige Trüffelnation im Vergleich zu anderen Ländern so weit abgeschlagen?
Deutschland ist das einzige Land, das Pilzsammeln reglementiert hat. Hierzulande ist es verboten, unterirdisch wachsende Pilze zu sammeln. Das ist in allen anderen Ländern nicht so. Wer Trüffeln in der Schweiz, Finnland, Belgien, Großbritannien, Schweden und Österreich findet, darf sie auch ernten. Frankreich fördert den Trüffelanbau durch staatlich unterstützte Rekultivierungsmaßnahmen. Australien und Neuseeland sind zu Trüffelexporteuren geworden. Mittlerweile zeigt sich auch in Deutschland ein gesteigertes Interesse am Trüffelanbau.

Wie kommt der Pilz zum Baum?
Durch gezieltes Impfen des noch jungen Baumes mit dem Ekto-Mykorrhiza-Pilz. Der Pilz legt sich wie ein Handschuh über die Wurzeln und kann dadurch mehr Nährstoffe und Wasser binden, als dies für den Baum alleine möglich wäre. Ist die Wurzel erst einmal besiedelt, bleibt der Pilz normalerweise ein Leben lang.

Wie kann sich der unterirdische Pilz vermehren?
Indem er so starke Aromen verteilt, dass Tiere angelockt werden, ihn auffressen und an einer anderen Stelle im Wald oder Gelände ausscheiden. Das ist der natürliche Weg, den wir aber nicht anstreben.

Braucht man dann zum Ernten ein Trüffelschwein?
Lieber nicht. Das Trüffelaroma ähnelt stark den Sexualhormonen eines Ebers. Davon werden Wildsäue angelockt. Wenn sie erst einmal die Trüffeln gefunden haben, geben sie die freiwillig nicht mehr her. Wir nehmen stattdessen speziell ausgebildete Hunde. Aber man sollte nichts überstürzen, denn bis die Trüffeln geerntet werden können, vergehen Jahre.

Der Trüffelanbau als Altersvorsorge – wie stellen Sie sich das vor?
Allzu spät sollte man nicht damit beginnen, denn es dauert schon 10 bis 12 Jahre bis zur ersten Ernte. Aber wer einen alten Weinberg hat oder ein Stück Land rekultivieren möchte, der sollte abwägen, ob er das nicht mit dem Anbau von geimpften Bäumen machen sollte. Der Arbeits- und Pflegeaufwand ist gering, der Ertrag stattlich. Trüffelbäume passen auch gut auf eine Streuobstwiese. Sie sind zu den Pilzen, die sich im Wurzelwerk der Obstbäume befinden, keine Konkurrenz. Und wer nur wenig Platz hat, kann zur Selbstversorgung geimpfte Bäume im Kübel ziehen.

Das Gespräch führte Edith Billigmann.

 

Fotos: Billigmann / Seydel