KOBLENZ/LAS VEGAS. Vom 4. bis 28. Mai sind die Werke des Koblenzer Künstlers „think tank ART“ in der Galerie „Sin City Gallery“ in Las Vegas zu sehen. “your favorite innocence“ markiert treffend den Titel der Ausstellung. Für dieses Event hat die amerikanische Kunstexpertin Laura Henkel die Kuration übernommen.
Die „Sin City Gallery“ erhielt 2013 von American Art Awards die Auszeichnung „Beste Galerie in Nevada“ und wird als eine der 25 renommiertesten Kunstgalerien in den USA geführt. Für große Aufmerksamkeit in der amerikanischen Kunstszene sorgt „think tank ART“ seit 2012 mit regelmäßigen Ausstellungen in den Vereinigten Staaten. Der Weg zu der nun ersten Einzelausstellung im Kunstmekka Las Vegas ebnete sich der Koblenzer Bilderkünstler im Rahmen der Gruppenausstellung „12inches of Sin“ 2016. Sein Bild „bus stop“ wurde in Las Vegas mit dem Titel „Best in Show“ in der Kategorie Fotografie ausgezeichnet.
Hinter dem etablierten Synonym „think tank ART“ steckt das Schaffen des Koblenzer Künstlers Eddie Bragard. Bragard wurde 1967 in Trier geboren. Seit 1989 lebt und arbeitet er in Koblenz. Bereits Mitte der 80er Jahre setzte er mit Fotografien erste experimentelle Eigenentwicklungen und analoge Nachbearbeitungen um. Später kamen gescannte Bilder hinzu, die sowohl analog, als auch digital von ihm bearbeitet wurden. Seit 2006 fotografiert und gestaltet Bragard seine Werke ausschließlich digital.
Durch seine konzeptionellen Adaptionen entwickelte er einen eigenständigen Stil aus Fotografie und digitaler Malerei. Dabei verschmelzen klassische Inhalte mit populärer Medienkultur, aus denen dann neue Bilderwelten entstehen. Seit 2007 veröffentlicht Eddie Bragard bei nationalen und internationalen Ausstellungen unter dem eingetragenen Markennamen „think tank ART“.
Wir steigen hinab in ein Verlies, in dem die meisten Bilder von „think tank ART“ entstehen. Schwere Türen verschließen sich hinter uns, sofort entsteht eine besondere Atmosphäre in diesem düsteren Raum aus unbehauenen Steinen, rauen Betonflächen und einem Boden, dem der Lauf der Jahre deutlich anzusehen ist. Hier gibt es keine installierte Lichttechnik, keine Stative oder kompliziertes Equipment. Eddie Bragard lächelt: „Hier setze ich meine Ideen um, in dieser abgeschotteten Welt entwickle ich Situationen, die meine und die Fantasien des Gegenübers transportieren und sichtbar machen.“
Wer seine Bilder kennt, fragt sich, wer und was sich hinter den eingetragenen Markennamen „think tank Art“ und „ttA“ verbirgt? Wie entstehen diese Bilder mit ihrer Kombination aus Fotografie, digitaler Bearbeitungstechnik und einem markant-ironischen Blick auf ungewöhnliche Szenebereiche.? „Es ist immer erst die Idee, manchmal steckt eine Entwicklung darin, manchmal entstehen Ideen einfach aus der Situation heraus, im Zusammenspiel mit meinem Gegenüber vor der Kamera.“
Diese Fotografien werden dann von ihm digital bearbeitet, montiert, verfremdet und gewinnen dadurch den markant-eigenen „think tank ART Stil“: „Die eigentliche Aufnahme ist die Basis, ich provoziere den einen Moment. Der Blick, die Spannung – durch die Bearbeitung fügt sich alles zusammen, die Idee fokussiert sich.“
Eddie Bragard orientiert sich auch an etablierten Aspekten der Kunstgeschichte. Aber durch die mediale Bilderflut der letzten Jahre wurden ebenso neue Sujets in seine Darstellungen eingebracht, die in ihrer Wirkung und ihrer eigenständigen Bildsprache eine neue Sichtweise nötig machen. Dazu gehören auch drastische Bilder, die wie aus einem Horrorfilm auf den Betrachter einstürmen oder provozierende Erotik- und Fetischszenen. Es ist eine Art Gegenkultur zu den gestylten Werbebotschaften der Konsumindustrie. Und dennoch liegen in diesen Darstellungen klassische Anmut, Stolz, Leidenschaft und Stärke. Auch seine Portraits zeigen eine ausgesprochene Sensibilität und Feinfühligkeit, eine intensive Nähe zum Gegenüber.
„Pop-Art Künstler der 50er und 60er Jahre wie zum Beispiel Warhol oder Rauschenberg lösten Versatzstücke ihrer Alltagskultur heraus und überhöhten sie zu der Kunst ihrer Gegenwart. Heute müssen andere Ikonen, Idole und Zitate herangezogen werden, um die Welt einer Generation des 21. Jahrhunderts zu beschreiben.“
Durch die steigende Popularität findet Bragard Modelle für seine Bilder nicht mehr nur in seinem Umfeld oder in der direkten Umgebung – er erhält weltweit Anfragen. „Man kennt sich – oder lernt sich kennen, man entdeckt gemeinsame Ideen und Szenen, die einfach umgesetzt werden müssen – wenn man ein Gefühl dafür entwickelt und zuhören kann. Man muss hinter das Glatte, allzu offensichtliche blicken und die tiefen Aspekte herauskratzen.“
Warum veröffentlicht Eddie Bragard seine Bilder nicht unter seinem Namen? „Was ist das Original und was ist Kopie bei digitalen Daten? Ich benutze keine Leinwand, die das originale Bild darstellt. Meine Basis sind digitale Daten. Bei der heutigen Bilderflut, diesem digitalen Bilderrausch und der verzweifelten Sucht nach medialer Beachtung und Aufmerksamkeit gehen Initiator und Intension schnell verloren. Jeder benutzt alles, kopiert, baut ein, verschickt, druckt aus, ein Künstlername unter einem Bild ist da zu wenig. „think tank ART“ und auch mein Signet „ttA“ sind meine rechtsgültig eingetragenen Marken, meine Bilder sind so etwas wie „Markenbilder“, nicht im juristischen Sinn, aber dennoch durch meinen Stil klar zuordenbar. Die Marke macht genau das deutlich. Die großformatigen Drucke sind natürlich limitiert, zertifiziert und einzeln signiert, wie es auch bei anderen Kunstwerken üblich ist.“
Mit regelmäßigen Ausstellungen, auch in Zusammenarbeit mit weiteren international bekannten Künstlern, vor allem in den USA und Europa bringt „think tank ART“ seine Bilder seit 2011 einem weltweitem Publikum nahe.