KOBLENZ -war- Sabine Schmidt kennen viele in der Region. Denn die Schauspielerin gibt sich seit Jahren als kaiserliche Hoheit Augusta die Ehre, etwa beim Augusta-Fest am Unesco-Welterbetag. Doch Menschen zu unterhalten, ist nur noch ihr Hobby – Menschen zu helfen, jetzt ihr Beruf.
Hobby und Beruf – beides hat mit dem Sprechen zu tun. Und das eine hat sich aus dem anderen entwickelt. Als Logopädin übt die 40-Jährige beispielsweise mit Kindern an deren Aussprache, arbeitet mit Schlaganfall- und Parkinsonpatienten. Sie schult Menschen in Sprechberufen und solche, die vor Publikum frei reden müssen.
Plaudern, rezitieren, unterhalten kann die sympathische Frau seit Kindesbeinen an mit Bravour: „Schule war ja nicht so mein Ding“, lacht Schmidt, „aber im Koblenzer Jugendtheater – wo ich mit etwa 16 Jahren anfing – bin ich aufgegangen!“ Früh war für die Koblenzerin klar, dass sie Schauspielerin werden möchte. Für ihre Eltern war dies erst mal nur ein „Teenager-Spleen“. Doch als die junge Sabine dann durch das Jugendtheater erste Rollen am Stadttheater bekam, freundeten sie sich mit dem Berufswunsch ihrer Tochter an. Schmidt bewarb sich bei einer kleinen Schauspielschule in Wiesbaden, wurde dort angenommen und lernte das Fach von 1999 bis 2002 von der Pike auf.
Als Diplom-Schauspielerin kehrte sie anschließend in ihre Heimatstadt zurück und bekam gleich Rollen am Stadttheater. „Ich war kein festes Ensemblemitglied, sondern hatte immer nur Stückverträge“, erzählt die Koblenzerin. „So konnte ich auch an anderen kleinen Bühnen in der Region auftreten.“ Was sie auch musste – denn üppig sind Schauspielergagen nicht. In der spielfreien Zeit jobbte Sabine Schmidt in anderen Berufen, auch als Kellnerin. „Irgendwann sagte ein Bekannter meines Vater zu mir: Bewirb dich doch mal beim Fernsehen, die suchen bestimmt Leute, die gut sprechen können.“ Genau das tat sie beim noch jungen Koblenzer Regionalfernsehen, bot sich für die Vertonung von Filmbeiträgen an. Doch dafür fehlte dem kleinen Sender das Geld und der Redaktionsleiter stupste sie gleich ins große, kalte Wasser namens Moderation. Offiziell wurde sie als Volontärin geführt. „Aber ich durfte alles ausprobieren“, erzählt sie lachend, „ich war jung, naiv und frei, stand ungekünstelt, ohne Kostüm und Perücke vor der Kamera. Das war toll. Und ich habe viel gelernt!“
„Beste Moderation“
und würdevolle Augusta
Regionalsender in Mainz und Karlsruhe wurden auf sie aufmerksam und so stand die Koblenzerin bald auch dort vor der Kamera, pendelte hin und her. Ein berufliches Highlight war die Auszeichnung mit dem „Deutschen Regionalfernsehpreis“ 2012 in der Kategorie „Beste Moderatorin“. Schmidt: „Irgendwann habe ich nur noch moderiert, auch Galaveranstaltungen, und fast gar kein Theater mehr gespielt.“
Bis auf eine Rolle, ihre Paraderolle als Kaiserin Augusta. Entstanden ist diese vor 14 Jahren, als sie mit Manfred Gniffke, einem Schauspielkollegen und Dorothee Corinth szenische Führungen in der Altstadt anbot. „Vor dem ersten Augusta-Fest 2006 sprach mich dann die Koblenz Touristik an, ob ich Lust hätte, einen Tag lang die Kaiserin zu mimen, durch die Rheinanlagen zu flanieren und kleine Geschichten vom Hofe zu erzählen.“ Sie hatte Lust – und in diesem Jahr, am 4. Juni, gibt die Schauspielerin die Kaiserin schon zum zwölften Mal! „Ich liebe dieses Fest einfach. Die Atmosphäre ist toll. Es kommen so viele Leute auf mich zu, die ein Bild haben möchten, mit mir plaudern oder ganz spannende Geschichten von der echten Kaiserin erzählen“, sagt sie und fügt mit Augenzwinkern hinzu: „Schade nur, dass ich als Kaiserin immer so würdevoll, erhaben sein muss. Ich bin ja ein sehr humorvoller Mensch und würde die Augusta gerne mal von einer anderen Seite zeigen.“
In den letzten vier Jahren hat sich Sabine Schmidt ansonsten auf der Bühne und im Fernsehen nur sehr selten gezeigt. Denn mit Mitte dreißig hat sie nochmals die Schulbank gedrückt, sich am Katholischen Klinikum Koblenz-Montabaur zur Logopädin ausbilden lassen. Wie es dazu kam? Die Koblenzerin erzählt: „Irgendwann war der Zeitpunkt gekommen und mit Blick auf meine berufliche Zukunft musste Plan B her. Denn ganz ehrlich – Regionalfernsehen macht Spaß, ist aber eine sehr unsichere Branche. Logopädie war immer schon in meinem Kopf. Bei einem Nebenjob im Evangelischen Stift habe ich Patienten vor der Narkose betreut. Rosenmontag 2013 war mein erster Arbeitstag. Und da wusste ich: Das ist es! Ohne Kamera und Drehbuch Menschen helfen, mit ihnen sprechen, die Angst nehmen.“
Sie machte die Aufnahmeprüfung an der Schule für Logopädie, bekam die Zusage und büffelte drei Jahre lang für Fächer wie HNO, Phonetik/Linguistik und Neurologie. Abgerundet wurde die Ausbildung durch zahlreiche Praktika in logopädischen Praxen und auf der Schlaganfallstation im Brüderhaus Koblenz.
Draht zu den Menschen in ihrer Heimatstadt
Seit letztem Sommer ist die Diplom-Schauspielerin nun auch staatlich anerkannte Logopädin. Als Fachliche Leitung einer Logopädiepraxis in der Schlossstraße behandelt sie Kinder und Erwachsene „auf Krankenschein“, sprich: auf ärztliche Verordnung. Darüber hinaus schult sie Menschen in Sprechberufen, also Lehrer, Callcenter-Mitarbeiter, Verkäufer, Führungskräfte, bietet Einzelcoachings und Seminare an. „Mein Erstberuf kommt mir da natürlich sehr zu Hilfe, denn es geht beim Sprechen ja auch immer um eine Art Bühnenpräsenz“, sagt Schmidt. „Aber auch bei Patienten, die sich mit gewissen Sprech- oder Stimmübungen schwer tun, hilft mir die Schauspiel-Erfahrung. Da kann ich in eine humorvolle Rolle schlüpfen, ihnen die Situation erleichtern, sie motivieren.“
Sabine Schmidt mag ihren Beruf, weil Patienten und Klienten noch viel dankbarer sind, als Theaterzuschauer. „Aber natürlich bin ich im Herzen auch immer noch Schauspielerin. Da hängt mein Herz dran. Wie an Koblenz, meiner Heimatstadt.“
Fotos: war