KOBLENZ. -war- Ein Großteil der jüdischen NS-Opfer war nicht deutsch, sondern osteuropäisch. Ihnen hat der Koblenzer Boris Priludsky, der selbst in der Ukraine aufwuchs und dort neun Familienangehörige im KZ verlor, eine ganz besondere „Gedenktafel“ gewidmet.

Boris Priludsky lebt seit vielen Jahren in Koblenz. Er spricht ein wenig Deutsch, lässt aber lieber seine Enkelin übersetzen. In der Sowjetunion war es bis Anfang der 1990er Jahre nicht möglich, sich mit dem Holocaust zu beschäftigen. Seit er in Deutschland lebt, tut er es. Das Holocaust-Mahnmal auf dem Reichensperger Platz ist daher ein wichtiger Ort für ihn. Aber ihm fehlten hier die Biografien von Opfern. So entstand die Idee, die Geschichte seiner Familie aufzuarbeiten. Dabei stieß er auch auf die Schicksale Koblenzer Juden und Juden, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Koblenz zogen. Er beschäftigte sich mit der Geschichte der Stadt in der NS-Zeit, mit dem Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde in den 1950er Jahren, mit der Errichtung des Mahnmals und der Verlegung der mehr als 100 „Stolpersteine“. All dies hat er auf seiner „Gedenktafel“ mit einfachen Mitteln dargestellt, in Deutsch und Russisch. Beklemmende Bilder und Dokumente, aber insgesamt eine bunte Wand, die auch schon wieder Mut macht.

„Ich finde die Wand toll, sie ist eine wichtige Ergänzung für das, war wir wollen“, befand Jochen Hennig, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Mahnmal Koblenz, bei der Ausstellungseröffnung im Gemeindesaal der Synagoge. Und Pfarrer Wolfgang Hüllstrung, Vorsitzender der Christlich-Jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit Koblenz, sagte: „Es ist unsere Aufgabe, immer wieder an den Holocaust zu erinnern und wir tun dies beispielsweise mit Lesungen von NS-Opfern. Und heute haben wir hier etwas ganz Besonderes – eine Ausstellung über Familien, die aus der Sowjetunion stammen. “

Ein Holocaust-Zeitzeuge, dessen Biografie auf der „Gedenktafel“ auch dargestellt ist, war bei der Ausstellungseröffnung anwesend: Moysey Oykermann. Seit 1991 trägt er Literatur zusammen, die sich mit der Geschichte von Juden insbesondere in der Ukraine und in Weißrussland beschäftigt. Auch er stammt aus der Ukraine und verlor auf der Flucht vor den Nazi-Schergen seine Familie. Seit 15 Jahren lebt er in Koblenz, erinnert und mahnt als Zeitzeuge an das dunkle Kapitel deutscher Geschichte.

 

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