„Ich brauche keine Menschen, die mir das große Lob aussprechen“

PLAIDT / KOBLENZ. -sah- „Jeder dumme Junge kann einen Käfer zertreten. Aber alle Professoren der Welt können keinen herstellen“ – dieses Zitat von Arthur Schopenhauer ist auf der Website der Wildtierpflegestation Koblenz zu finden. Und nach diesem Motto leben auch Julia Bravetti und Lebensgefährtin Ursula Krings aus Plaidt, die rund um die Uhr ehrenamtlich für Wildtiere im Einsatz sind und Hilfe durch Aufklärung bieten.

Während andere junge Frauen Erholung am Strand planen, Länder bereisen oder spontan mit Freunden einen Partyurlaub verbringen, klingelt bei Julia und Ursula morgens um 5 Uhr der Wecker: Aufstehen, schnell fertig machen im Bad, Tiere füttern, nach den „Sorgenkindern“ schauen, Käfige säubern, mit den Hunden spazieren gehen – und dann schnell zur Arbeit fahren. So – oder zumindest so ähnlich – sieht ein ganz normaler Tag für das Paar aus Plaidt aus. Denn was viele nicht wissen, die gelernte Tierheilpraktikerin Julia und Lebensgefährtin Ursula engagieren sich für die Wildtierpflegestation Koblenz ehrenamtlich und gehen beide einem Vollzeitjob nach. Das bedeutet viele Arbeitsstunden, Hektik, Stress und auch Sorgen. Dennoch ist das für die beiden eine Arbeit, die sie glücklich macht.

Die Wildtierpflegestation erhält keine staatliche Förderung, somit finanzieren die Tierschützerinnen vieles selbst oder durch großzügige Spenden von Privatleuten.
„Wir nehmen uns nur vier Tage frei und machen dann Urlaub“, sagt Julia und lacht plötzlich „und den bereiten wir dann wochenlang akribisch vor“. Sie lächelt, so als wäre es das Normalste auf der Welt. „Aber nach vier Tagen will ich sowieso wieder heim, weil ich meine Tiere und die Hunde vermisse.“ Julia und ihre Lebensgefährtin Ursula stecken ihre ganze Energie in die ehrenamtliche Arbeit, weil sie lieben, was sie tun – und das merkt man. „Ich brauche keine Menschen, die mir ein großes Lob aussprechen“, sagt Julia. „Wenn ich sehe, wie die Tiere fressen oder unser Wildschwein Anni eine Flasche abzieht, bin ich zufrieden“.
Die 28-Jährige arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit Tieren, ihre Handgriffe sitzen. Und Ursula packt mit an. „Ich hatte vorher nie so viel mit Tieren zu tun“, lacht die 26-Jährige.
Seit Anfang des Jahres hat die Wildtierpflegestation Koblenz ihren Sitz in Plaidt. Die Eltern von Ursula unterstützen die ehrenamtliche Arbeit und haben den jungen Frauen in ihrem Haus Räume zur Verfügung gestellt. Die Wildtierpflegestation deckt den Umkreis Westerwald, Neuwied, Mayen, Andernach und primär Koblenz ab. Aber auch darüber hinaus finden Tiere den Weg nach Plaidt.

Wichtig ist, dass Finder vorher anrufen, denn oftmals kann schon am Telefon Hilfe geleistet und nützliche Tipps erteilt werden. Nicht jedes Tier, das gefunden wird, braucht auch Hilfe. Daher sollte man sich immer erst einmal informieren.
Fällt es nicht schwer, ein Tier, dem man ein Zuhause gegeben hat, wieder abzugeben? Julia überlegt und verneint die Frage zunächst. Plötzlich lacht Ursula und erinnert sie an einen Feldhasen, den sie so sehr ins Herz geschlossen hatte . .  „Okay, ja, wir tun uns schwer“, schmunzelt Julia schließlich, „aber wir wissen ja, dass es den Tieren wieder gut geht“. Ziel ist und bleibt es, die Tiere wieder auszuwildern. Die Hilfe der Wildtierpflegestation wird zum Beispiel häufig benötigt von Vögeln aller Art, Feldhasen und Wildkaninchen, Igeln, Frischlingen, Bilchen (Garten- und Siebenschläfern), Füchsen, Mäusen und Ratten, Fledermäusen, Eichhörnchen und mehr. Insgesamt 254 Tiere haben im ersten Halbjahr ihren Weg zu Julia und Ursula gefunden, 29 sind verstorben.
Für die Zukunft haben die beiden einen großen Wunsch – mehr Unterstützung von den zuständigen Ämtern, sodass der Vereinsgründung nichts mehr im Weg steht. Ehrenamtliches Engagement allein reicht nicht aus. Noch schwieriger wird es allerdings, wenn die Bürokratie den Helfern ihre Arbeit zusätzlich erschwert.
Glücklich und stolz macht Julia und Ursula die Unterstützung von vielen Helfern, die die Anschaffung von Futter, Ställen oder Medikamenten erst ermöglichen.

Ursula Krings (links) und Julia Bravetti (rechts) sind für die Wildtierpflegestation Koblenz rund um die Uhr im Einsatz.

Weitere Infos zur Arbeit der Wildtierpflegestation Koblenz, den Verweis auf die Facebook-Seite mit vielen Fotos und Berichten über die Tiere sowie die Weiterleitung zur Amazon-Wunschliste gibt’s online auf www.wildtierpflegestation-koblenz.de.