MAYEN. -edb- Selbstfahrende Autos sind keine Utopie, sondern bereits Wirklichkeit und könnten, wenn es gut läuft, in drei bis fünf Jahren auf dem Markt sein. Dieses Zeitfenster hat sich zumindest Gerrit Fischer, Projektentwickler des FLAIT -Prototypen, gesetzt. Denn dass autonome Fahrzeuge technisch möglich sind, hat er bei den jüngsten Testfahrten im Mayener MHT-Gewerbepark (ehemaliges ALU-Team-Gelände) unter Beweis gestellt. AM WOCHENENDE war dabei und konnte sich davon überzeugen, dass das nur ein Meter schmale und fast zwei Meter hohe Fahrzeug den Elchtest locker besteht. Fischer ist überzeugt: „Wegen des drohenden Verkehrskollaps wird es in 50 Jahren in der Innenstadt nur noch Robo-Taxis und den ÖPNV geben.“

Weniger Staus, weniger Emissionen, weniger Unfälle, kein nerviges Parkplatzsuchen – so könnte der innerstädtische Verkehr der Zukunft aussehen, wenn er denn zum Einsatz käme: FLAIT, der Prototyp, der autonomes Fahren in greifbare Nähe rücken lässt. „Kommerziell umsetzbar schon in drei bis fünf Jahren“, wie sein Projektmanager Gerrit Fischer bestätigt. Dass FLAIT funktioniert, hat er jüngst bei Testfahrten in Helmut Sareykos MHT-Gewerbepark unter Beweis gestellt. AM WOCHENENDE war dabei.

Schmal und wendig

Futuristisch angehaucht, aber durchaus real, fährt der Prototyp durch die Halle und besteht selbst den Elchtest. Keine Selbstverständlichkeit, hat das Fahrzeug durch seine geringe Breite von nur einem Meter und dem schmalen Hochbau von etwa zwei Metern einen aktiven Neigungswinkel von bis zu 32°. Dennoch ermöglichen die an beiden Enden gelenkten Räder dem FLAIT einen sensationellen Wendekreis.

 

Der FLAIT Prototyp.

„Das Projekt könnte heute schon umgesetzt werden“, sagt Projektentwickler Gerrit Fischer. „Theoretisch sowie in praktischen Tests wie hier in Mayen haben wir die technische Machbarkeit nachgewiesen, aber eine echte Einführung über Modellversuche hinaus dauert noch drei bis fünf Jahre.“

 

Sparsam und ökologisch

Die Bauweise macht das autonome zweisitzige überdachte Robo-Taxi unschlagbar: Weil die Funktionalität für den Stadtverkehr im Vordergrund steht, haben sich die Entwickler an den neuesten Statistiken orientiert: „Im Schnitt sitzen maximal 1,3 Personen in einem Pkw“, führt Fischer aus. „Ein Passagier in einem 2-Tonnen-SUV mit fünf Sitzplätzen und einem großen Kofferraum ist nicht nur unwirtschaftlich für den Einzelnen, sondern auch für den Stadtverkehr in seiner Gesamtheit. Denn bereits in größeren Städten droht der Verkehrskollaps.“
Ein FLAIT würde das locker lösen: Aufgrund seiner geringen Breite können zwei E-Fahrzeuge gleichzeitig nebeneinander fahren, ohne den Verkehr zu behindern. Voraussetzung, dass es auch funktioniert, ist eine eigene Infrastruktur, wie man sie in Innenstädten, auf Messegeländen oder in Industrie- und Gewerbegebieten einfach und kostengünstig installieren kann.

Und sicher?

Doch wie sieht es mit der Sicherheit aus? Kann ein autonomes Fahrzeug überhaupt vorausschauend reagieren? „Ja, es kann“, bestätigt der Projektmanager. Der Clou: Kommunikation und Positionierung der Fahrzeuge erfolgen über ein lokales Funknetz in Straßenlaternen und Ampeln. Spezielle Sensoren werden dort fest positioniert (City Position System = CPS). Sie sind zusätzlich mit einem Erkennungssystem (City Control System CCS) ausgestattet, das Bewegungen wahrnimmt, die für das autonome Auto nicht ersichtlich sind, weil sie sich beispielsweise hinter einer Kurve abspielen. Durch die Vernetzung der Sensoren mit On-Board-Systemen in den Fahrzeugen sowie der Vernetzung der Fahrzeuge untereinander kann das FLAIT dennoch angemessen und rechtzeitig reagieren. „Das wird die Unfallhäufigkeit drastisch reduzieren“, ist sich Fischer sicher.

Zukunftsvision mit dem FLAIT

Seine Vision der Zukunft? Fischer: „In 50 Jahren wird es in der Innenstadt nur noch Robo-Taxis und den ÖPNV geben. Denn keiner will auf Autos verzichten, gerne aber auf ein Auto in der Innenstadt.“ Zeit, Geld und Pünktlichkeit, darin sieht er die unschlagbaren Stärken des FLAIT. Mit einem Fuhrpark an zentralisierten Stellen und Haltebuchten in der Innenstadt stünden genügend Fahrzeuge abrufbar für den individuellen Bedarf zur Verfügung. Vorstellbar und durchaus wünschenswert wäre eine Zusammenarbeit mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben, besser noch die Übernahme der FLAITs. „Dann lassen sich die Preise für Fahrten günstiger gestalten.“ Alleine schon durch die nächtliche Versorgungspflicht der Verkehrsbetriebe würde sich der Einsatz eines FLAIT rentieren. Denn die Bereitstellung eines Busses für einen einzelnen Passagier sei schon jetzt zu teuer. Damit FLAIT und ÖPNV nicht miteinander konkurrieren, sollten die ÖPNV-Preise im Vergleich zu den FLAIT-Preisen in den bekannten Stoßzeiten deutlich günstiger sein.

 

Der FLAIT präsentiert einen sensationellen Wendekreis.

Durch eine besondere Neigetechnik besteht der Prototyp sogar den Elchtest. An beiden Enden gelenkte Räder ermöglichen einen Neigewinkel von 32° und damit einen sensationellen Wendekreis.

Ein Modell des FLAIT

 

FLAIT auf Abruf

Was muss ich tun, um einen FLAIT zu ordern? „Ganz einfach“, sagt Fischer. „Das funktioniert über eine App. Man gibt das Ziel und die gewünschte Ankunftszeit ein und erhält dann von FLAIT eine Rückmeldung über Zeiten und Kosten. Ist also absolut transparent. Sollten Sie noch unterwegs sein, weil Sie beispielsweise Einkäufe erledigen müssen, brauchen Sie nicht stehen bleiben, sondern können beruhigt weitergehen. Ihr FLAIT findet Sie.“

Wann kann es losgehen?

„Wenn es nach uns ginge, direkt“, sagt Fischer selbstbewusst. „Das Projekt ist fertig, alle Hürden sind genommen. Theoretisch sowie in praktischen Tests wie hier in Mayen haben wir die technische Machbarkeit nachgewiesen. Bis unser System marktreif ist und wir in Serie produzieren können, werden aber noch drei bis fünf Jahre vergehen.“

 

Fotos: FLAIT / Seydel