COCHEM / EDIGER-ELLER. -rro- Ein Zug entgleist, ein Feuer bricht aus, dichter Rauch versperrt die Sicht, Verletzte müssen geborgen werden: Für den Ernstfall eines solchen Szenarios müssen Einsatz- und Rettungskräfte best möglich gewappnet sein. Das weiß man auch in Cochem und hat nun eine Großübung am Kaiser-Wilhelm-Tunnel durchgeführt.

Es dauert nicht mehr lange, bis der Tunnel, der die Orte Cochem und Ediger-Eller miteinander verbindet, in Betrieb genommen werden kann. Ab Freitag, 2. Juni, rollt der Schienenverkehr auf der Moselstrecke dann durch zwei separate Tunnelröhren. Dabei dienen acht Verbindungswerke als Übergänge zwischen den Tunneln. So können Verletzte im Ernstfall durch die nicht betroffene Röhre flüchten, Verletzte abtranportiert werden und Einsatzkräfte zur Unglücksstelle vorrücken.

Dass der Streckenabschnitt seit einiger Zeit auf Grund von Bauarbeiten gesperrt ist, ist für Bodo Tauch, Technischer Projektleiter des Kaiser-Wilhelm-Tunnels, „eine einmalige Gelegenheit für eine Übung“. Regulär ist das Zeitfenster, in dem eine Bahnstrecke zu Übungszwecken gesperrt werden kann, nämlich begrenzt.

Einsatzvorbereitung

Um eine solche Großübung, wie sie nun stattgefunden hat, überhaupt durchführen zu können, muss nicht nur der entsprechende Streckenabschnitt für den Schienenverkehr gesperrt werden. Auch der Strom in den Oberleitungen wird aus Sicherheitsgründen abgeschaltet – eine Maßnahme, die auch im Ernstfall ergriffen werden muss. Doch das braucht Zeit. Rund eineinhalb Stunden können dabei vergehen. Zeit, in der in Cochem ein so genannter „Behandlungsplatz 50“ eingerichtet werden kann.

Behandlungsplatz 50

Ein solcher Behandlungsplatz bietet Kapazitäten dafür, 50 Verletzte innerhalb nur einer Stunde zu kategorisieren, zu behandeln und auf den Transport in ein Krankenhaus vorzubereiten.
Hierzu hat das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Cochem auf einem Platz gleich neben den Gleisen mehrere Zelte aufgestellt. „Bei einer Eingangssichtung werden den Opfern Schilder umgehangen, um so die Schwere der Verletzung anzuzeigen“, erklärt Thomas Rings, der das Eintreffen der Unglücksopfer überwacht. Entsprechend der ihnen zugeordneten vier Kategorien (von leicht verletzt bis schwerstverletzt oder gar hoffnungslos) werden die Opfer dann zur weiteren Versorgung in die Zelte des DRK gebracht.

Ein offener Bruch wird dabei nicht als Schwerstverletzung eingestuft. „So etwas benötigt nicht die intensivste Versorgung. Dazu gehören eher Menschen, die reanimiert werden müssen oder vermutlich starke innere Blutungen haben“, schildert Rings.

Um das Szenario am Kaiser-Wilhelm-Tunnel möglichst realistisch darzustellen, wurden an 40 „Unglücksopfern“ Verletzungen mit Schminke nachgestellt. Auch Rettungswagen stehen zum Abtransport der Katastrophenopfer bereit. Die Notfallseelsorge ist ebenfalls vor Ort und kümmert sich um Verletzte und deren Angehörige. Am anderen Ende des Tunnels in Ediger-Eller wartet zudem ein Rettungshubschrauber auf den Transport von Schwerverletzten.

Rettungseinsatz

Damit die Einsatzfahrzeuge der freiwilligen Retter die Unglücksstelle in der alten Röhre des Tunnels überhaupt erreichen können, müssen sie an drei Stellen die Gleise überqueren. Dies gelingt nur mit Hilfe von etwa 25 Kilogramm schweren und eigens für diesen Zweck konstruierten Überfahrplatten aus Stahl. Diese sind jedoch noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden, sodass die Einsatzkräfte die Platten während der Übung von einem Gleisübergang zum nächsten schleppen müssen.

Kaum sind die Ei satzfahrzeuge durch die neue Röhre des Kaiser-Wilhelm-Tunnels auf Höhe des verunglückten Zugs vorgerückt, können die Löscharbeiten und die Bergung der Opfer an der Unglücksstelle beginnen. In der kalten und zugigen Röhre des Tunnels werden Schläuche ausgerollt und mit vorhandenen Anschlüssen verbunden. Ausgerüstet mit Atemmasken, bringen Feuerwehrleute erste Tragen zum Abtransport der Verletzten durch eines der Verbindungswerke. An den Tunnelwänden hängen zusammengeklappte Rettungsloren, die auf die Gleise gesetzt werden, um Verletzte schnellst möglich aus dem Tunnel zu transportieren.

Bilanz

„Die Übung verlief wie geplant“, bilanziert Bruno Knauf, Pressesprecher der Feuerwehr. „Kleinigkeiten bei der Wasserversorgung müssen zwar noch nachjustiert werden, der Termin zur Inbetriebnahme am 2. Juni kann aber gehalten werden“, fährt er fort. Auch der technische Einsatzleiter, Christoph Hallerbach, zeigt sich zufrieden und bringt die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit der Maßnahme auf den Punkt: „So eine Übung ist mehr wert als ein ganzes Jahr der Schulung.“

Fotos: Röder