LEIPZIG/KIRCHWALD.-edb- Sebastian Hilger (33) weiß, wie man sich benehmen muss, wie Bienen arbeiten und wie Infusionspulver richtig angewendet wird. Für Banken hat er den Knigge filmisch umgesetzt, für das ländliche Dienstleistungszentrum den Imkern erklärt, wie die Bienen ticken, und gemäß pharmazeutischem Auftrag das richtige Mischen einer pulvrigen Lösung vor laufender Kamera angeleitet. Und wie Drehbuchschreiben geht, das weiß er auch.

 

Dass er das Zeug hat, sein Publikum zu fesseln, stellt er am Freitag, den 5. Mai, unter Beweis. Dann läuft zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr im Ersten Deutschen Fernsehen die Komödie „Familie ist kein Wunschkonzert“. Sein nun drittes Langzeitprojekt, das er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Nadine Gottmann (31) auf die Reihe gebracht hat.

Sebastian Hilger, in Kirchwald aufgewachsen und nun in Leipzig sesshaft geworden, ist Regisseur aus Leidenschaft. Dass er einmal Drehbücher schreiben würde, kam ihm erst mit 18 in den Sinn. „Ich war ein Spätzünder“, bekennt er offen im Gespräch mit unserer Zeitung.

Dass es eine Alternative zu seinem Berufswunsch Polizist geben sollte, merkte er beim Dreh des Abschlussfilms für die Abifeier. „Das hat mich nicht mehr losgelassen. Ich war begeistert.“ Und zwar so sehr, dass er – mit der festen Ausbildungszusage als Polizeianwärter in der Tasche – sich für ein Jahr zurückstellen ließ. Den Rest erzählt sein Leben.

Fest entschlossen, seinen Erfolg von Kirchwald nach Köln zu tragen, absolvierte er bei einer Filmfirma ein Praktikum, das ihm schmerzhaft die Augen öffnete: Er war weder der Einzige noch der Beste unter den Ambitionierten. „Ich hatte gemerkt, dass ich noch gar nichts weiß“, gibt er unumwunden zu.

Zeit gewinnen, Erfahrungen machen, lernen und Kontakte knüpfen hatten nun oberste Priorität. Das wissenschaftliche Magisterstudium der Filmwissenschaft mit den Nebenfächern Soziologie und Pädagogik eröffnete ihm die Möglichkeiten, sich als Regisseur zu entwickeln: „Filme drehn ist ein kommunikatives Erlebnis. Der Regisseur ist der Dirigent, der unterschiedliche kreative Leute zusammenbringt und sie auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten lässt.“

Sebastian Hilger Regisseur

Autor und Regisseur Sebastian Hilger, exklusiv vom Set seines nächsten Projekts.

 

Das gemeinsame Ziel: Dem Publikum die Lebensrealität mit all ihren seelischen Höhen und insbesondere Tiefen so zu erschließen, dass aus der Fiktion eine gefühlte Wirklichkeit wird. Ob nun „Wir sind die Flut“ oder „Ayuda“ – der rote Faden, der seine Werke durchzieht, bleibt gleich: Immer dreht es sich um Figuren, die eine innere Leere verspüren, ähnlich einer Depression, und die dagegen ankämpfen –mit ungewissem Ausgang.

„Darin spiegelt sich die Lebensrealität unserer Generation“, erläutert Sebastian. „Zum Beispiel, welche Missverständnisse es zwischen uns und unseren Eltern gibt.“

Im richtigen Leben kann Sebastian mitreden, denn mit der Geburt des kleinen Anton (2) steckt auch er in der Familienphase. „Damals standen wir vor der Frage, wie Beruf und Familie miteinander vereinbar sind, wenn man sich ein Kind wünscht, Einkünfte aber nicht gesichert sind“, erzählt er.

„Wir waren Ende 20, also nicht mehr so jung, hatten schon unsere ersten und ernsten Erfahrungen mit der Berufswelt hinter uns und wussten, dass ein Künstlerleben zwar Freiheit bringt, aber häufig auch ein Leben von der Hand in den Mund ist.“

„Familie ist kein Wunschkonzert“ ist ein Film, der witzig ist und dennoch berührt. Wie sehr, das entscheidet der Zuschauer.

 

Foto: Degeto/Maor Waisburd