REGION. -rro- Der Übeltäter für die „Pfeifkonzerte“ an der Mosel sind gefunden: Dem Schienen-Schleifverfahren setzt die Deutsche Bundesbahn jetzt ein Ende. Flüsterbremsen sollen her.¶
Von Oktober bis Dezember des vergangenen Jahres hatte die Deutsche Bahn (DB) an der Moseltalstrecke ein neues Schienen-Schleif-Verfahren eingesetzt. Das hatte jedoch zur Folge, dass dort erhöhte Pfeifgeräusche zu hören waren.
Max Op den Camp, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen Bahnlärm im Moseltal (Bigbim), findet für das Vorgehen der Bahn deutliche Worte: „Dass die DB ausgerechnet im extrem engen und lärmsensiblen Moseltal das vereinfachte One-Grid-Schleifverfahren eingesetzt hat, ist ein Skandal.“ Dieses Verfahren wird zukünftig keine Anwendung mehr finden – auch weil die Erwartungen der Deutschen Bahn nicht erfüllt wurden.
Während einer geplanten Sperrung der Moselstrecke im Juni sollen die Problemstellen dann abgeschliffen werden. Dies führt jedoch für die Anwohner zwangsläufig erneut zu einer kurzfristig erhöhten Lärmbelästigung.
Flüsterbremsen her:
Das Schienenlärmschutzgesetz soll jetzt auch für das Moseltal entscheidende Verbesserungen bringen. Mit der Deutschen Bahn hat das Land Rheinland-Pfalz Lärmschutzmaßnahmen ausgehandelt, für deren Umsetzung an der Mittelrheinstrecke eine Investition in Höhe von 7,7 Millionen € vorgesehen ist.
Von den Maßnahmen sollen auch die Anwohner der Moseltalstrecke profitieren. Denn auch dort dürfen ab dem Jahr 2020 nur noch mit „Flüsterbremsen“ ausgestattete Güterwaggons zum Einsatz kommen. Mit diesem Beschluss soll eine Lärmreduzierung um bis zu 10 Dezibel (dB) erreicht werden.
Der SPD Landtagsabgeordnete Benedikt Oster ist zuversichtlich, dass dieses Vorhaben gelingt: „Ich bin guter Dinge, dass die Deutsche Bahn ihr Ziel, bis 2020 ihre 180 000 Güterwaggons umzurüsten, erreichen wird und dass das Eisenbahnbundesamt die Fahrzeuge registrieren und deren Umrüstung auch dokumentieren kann.“
Uraltwaggons weg:
Auch die Bigbim erwartet sich von der Maßnahme eine Verbesserung der Lärmspitzenbelastung. Op den Camp gibt allerdings zu bedenken, dass bereits eine einzige fehlerhafte Achse im Zugverbund genüge, um den, wie er sagt, ohnehin überschaubaren Lärmminderungseffekt zunichte zu machen. Und der Vorsitzende der Initiative geht noch weiter: „Im Kern wird dadurch, dass man durch diese Maßnahme noch in die Uraltwaggons investiert, deren Nutzungszeit auf unbestimmte Zeit verlängert. Jedoch muss eines klar sein: Nur ein Ersetzen der Uraltkonstruktionen durch zeitgemäße, leise Fahrzeuge wird zu einer umweltverträglichen Güterbahn führen.“
Messstellen ein Muss:
Dass eine Umrüstung der Bremssysteme nicht ausreicht, um die Bewohner des Moseltals vor der Lärmemission zu schützen, haben die Vertreter der Initiative und auch Oster erkannt: „Mein vordringlichstes Ziel ist daher, dass wir an den rheinland-pfälzischen Bahntrassen, besonders aber an der Mosel, genaue Messstellen einrichten, die der Aufgabe einer achsengenauen Lärm-Ermittlung gerecht werden“, so der SPD Politiker. „Dann sehe ich eine Chance, dass die nunmehr beschlossenen Maßnahmen gegen Schienenbahnlärm auch an der Mosel ihre Wirkung entfalten“, fährt er fort.
Die Einrichtung einer solchen elektronischen Messstation fordert die Bürgerinitiative bereits seit ihrer Gründung und begrüßt daher ausdrücklich die Forderung des Abgeordneten. Denn nur so könne tatsächlich nachgewiesen werden, ob das Verbot zu lauter Waggons eingehalten wird. Dass die Erhebung und Überwachung der Messwerte in der Verantwortung des Eisenbahnbundesamtes zu finden sei, liege auf der Hand.
Nur das Bundesamt selbst könne eine gerichtsfeste Zuordnung des Lärmverursachers vornehmen und eventuelle Strafzahlungen festlegen und auch durchsetzen. Dies sei auch im Hinblick auf die steigende Zahl der privaten Nutzer der Bahntrassen ein wichtiger Gesichtspunkt.
Ja zu Grenzwerten:
Um die Lärmbelästigung durch den Bahnverkehr im Moseltal zu mindern, geht die Bürgerinitiative noch über Osters Forderungen
hinaus: Sie verlangt die Einführung von Lärmemissionsgrenzwerten für Schienenfahrzeuge – analog zum Straßenverkehr. Auch die Durchführung unabhängiger technischer Untersuchungen, vergleichbar mit der Hauptuntersuchung bei Pkws, steht auf der Liste der Bigbim.
„Das Eisenbahnbundesamt muss den Schienenverkehr überwachen und Fahrzeuge, die nicht verkehrstüchtig sind, aus dem Verkehr ziehen sowie deren Halter gegebenenfalls mit Strafen belegen können“, so Op den Camp. Zur Begründung gibt er an: „Eine regelmäßige unabhängige Überprüfung des rollenden Materials auf technische Funktionstüchtigkeit und Umweltnormen gibt es bislang im Straßenverkehr, jedoch nicht im Schienenverkehr. Es ist allein dem Frachtunternehmer selbst überlassen, welches Material er aufs Gleis schickt.“