ETTRINGEN. -edb- Die Ettringer Felsen aus Vulkangestein gelten unter Kletterern als Eldorado. Und unter Profis als Eintrittskarte für anspruchsvolle Expeditionen in den Alpen oder den USA. Das Ettringer Gebiet hat sich in den letzten 15 Jahren zu einem der bedeutendsten Klettergebiete Deutschlands entwickelt und profitiert europaweit von seinem Bekanntheitsgrad. „Jeder international erfolgreiche Kletterer war schon mal hier“, ist Alexander Schmalz-Friedberger (53) überzeugt, der in seinem „Kletterführer Mayen“ 1 400 Routen (von insgesamt 1 600) beschreibt. Die Besonderheit: Die im Basalt entstandenen Risse ermöglichen eine anspruchsvolle Klettertechnik, die sogenannte Risskletterei. „Klettern im Basalt ist schwer und gewöhnungsbedürftig und deshalb nur für erfahrene Kletterer geeignet“, bringt es Schmalz-Friedberger auf den Punkt. Die Ettringer Lay ist aber auch Talentschmiede für junge Athleten. Im Herbst veranstaltet der Alpinkader Nordrhein Westfalen dort erstmalig ein offenes Treffen mit anderen Expeditionsteams aus den Anrainerstaaten und allen Kletterinteressierten. Doch einen Wermutstropfen gibt es im Kletterparadies: Nicht entsorgte Hinterlassenschaften, zugestellte Parkplätze und unerlaubtes Campen sorgen derzeit beim Deutschen Alpenverein und der Gemeinde Ettringen für Unfrieden. Von beiden Seiten wurde Gesprächsbedarf angemeldet.
Wer bei Alpen-Expeditionen mithalten will, muss die Kletterei aus dem FF kennen. Wer das im Ettringer Vulkangestein gelernt hat, ist auf der sicheren Seite. Kletter-Experten wissen das und reisen mit ihren Schülern in die zerklüftete Landschaft der Ettringer Lay. Ende September wird der Alpinkader das anspruchsvolle Rissklettern beim europaweit angelegten „Meet & Greet“ demonstrieren.
Doch nun bahnt sich neben den zerklüfteten Felsen auch ein Riss in der Beziehung zur Gemeinde Ettringen an. Einige Kletterer, so der Vorwurf, halten sich nicht an die Regeln, entsorgen ihren Unrat im nahen Umfeld des Parkplatzes der Ettringer Lay, übernachten trotz Verbots auf den Parkplätzen oder in den Steinbrüchen und stören durch Überschreiten der erlaubten Kletterzeit das angrenzende Jagdgebiet. „Ein Zustand, der sich ändern muss“, so der Ettringer Bürgermeister, Werner Spitzley, auf Anfrage unserer Zeitung. Ein Gespräch mit dem Vorstand des DAV (Deutscher Alpenverband), Sektion Koblenz, ist in den kommenden Wochen anberaumt. „Dann wird sich im gemeinschaftlichen Miteinander eine Lösung finden“, ist sich Spitzley sicher.
Gelebter Umweltschutz in der Ettringer Lay
Gerade unter den Kletterern wird der Umweltgedanke hochgehalten. Dazu gehören der alljährliche Umwelttag mit Säuberungsaktionen, die gemeinsam von der Koblenzer Sektion und dem Vulkanpark in Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden durchgeführt werden, Absperrmaßnahmen aus Naturschutzgründen, wie sie beispielsweise beim brütenden Bubo Bubo erforderlich waren, dem größten Eulenvogel der Welt, der noch bis 2008 auf der roten Liste der vom Aussterben betroffenen Arten stand. Oder das Anbringen von Warnschildern und die gezielte Weitergabe an wichtigen Informationen auf den gängigen Internetplattformen.
Dass es immer wieder zu Verfehlungen Einzelner kommt, ärgert engagierte Kletterer wie Alexander Schmalz-Friedberger und Hendrik Kardinal vom DAV, Sektion Koblenz. Vorsorglich haben sie auf Facebook einen Aufruf gestartet und dabei deutliche Worte gewählt: „Grundlegende Bauleiterweisheit: Erscheint ausgeschissen auf der Baustelle und: Geht die langen Wege! Also nicht aus dem Auto raus und gleich die Hose runter lassen!“ Betretungs- und Kletterverbote müssten eingehalten, unerlaubtes Parken und Übernachten abgestellt werden. Wer sich nicht daran halte, bekomme die Belehrung frei Haus.
In Deutschland einmalig
Dass ihnen am Gebiet der Ettringer Lay so gelegen ist, liegt auf der Hand: Die zerklüftete Felsstruktur macht das anspruchsvolle Rissklettern erst möglich. „Das ist in Deutschland einmalig und für Europa bedeutend“, führt Charly Langbein, Projektleiter beim DAV Alpinkader Nordrhein-Westfalen, aus. „Hier werden junge Athleten ausgebildet, und zwar so, dass sie sich sicher auf weltweite Expeditionen in die Alpen oder die USA begeben können.“ Beim anstehenden „Meet & Greet“ im September wollen sie beweisen, dass Alpinisten auch in diesem lokalen Klettergebiet hervorragend ausgebildet werden können.
Alexander Schmalz-Friedberger kennt das Gebiet um Ettringen und Kottenheim wie seine eigene Westentasche. Über 1 400 Routen hat er in der 2. Auflage seines Kletterführers „Schwarze Säulen“ detailliert beschrieben. Knapp 700 Routen waren es 2006. Für ihn ist Klettern zum Lebenselixier mit einem ganzheitlichen-meditativen Ansatz geworden. Das soll auch so bleiben. „Doch da sind nicht nur die Kletterer, sondern alle Besucher gefordert“, mahnt Hendrik Kardinal an. Man habe bereits über die feste Installation von Dixie- oder Kompost-Toiletten nachgedacht. Der Vorschlag soll in die Gesprächsrunde mit der Gemeinde eingebracht werden.
Fotos: Seydel