LEUTESDORF. -nsc- „Nenn es nicht einen Traum, nenn es einen Plan“ – das hat sich die ehemalige Mittelrhein-Weinkönigin Sarah Hulten auf die Fahne geschrieben. Die zielstrebige junge Frau aus Leutesdorf hat sich, um ihren Traum vom eigenen kleinen Weinberg wahr werden zu lassen, einen ambitionierten Plan überlegt: Plan R — wie Riesling, Rhein, Rekultivierung.
Das Mittelrheintal ist bekannt für seine schroffen Schieferfelsen und alte Burgen. Und auch die Kulturlandschaft mit den Weinbergen entlang der Hänge ist einzigartig. Doch die außergewöhnliche Landschaft verschwindet seit Jahrzehnten zunehmend.
Ein Projekt zum Erhalt der Kulturlandschaft
Gerade einmal 470 Hektar Rebfläche von einst 2000 Hektar sind noch übrig. Vielerorts wurden vor allem die alten Terrassenlagen aufgegeben. Die mühselige und nur durch Handarbeit zu bewältigende Arbeit in den terrassierten Lagen ist vielen zu zu aufwendig geworden. Seitdem verwuchern die einstigen Steillagen zunehmend. Damit verschwinden nicht nur Anbauflächen, sondern auch schützenswerte Biotope, die in der Kulturlandschaft entstanden sind. Genau hier setzt das Projekt der 26-Jährigen an.
Jede freie Minute investiert
Gemeinsam mit der Unterstützung von vielen interessierten Menschen befreit Sarah Hulten nach mehr als 40 Jahren eine solche Brache direkt am Rheinsteig von Dornenbüschen. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, meinen Teil zum Erhalt der wertvollen Kulturlandschaft am Mittelrhein beizutragen“, sagt die junge Leutesdorferin. Dafür investiert die ehemalige Mittelrhein-Weinkönigin jede freie Minute.
Nachdem Sarah Hulten die alte Steillage Ende Februar 2017 kaufte, hieß es erst einmal roden. Die schweißtreibende Arbeit gegen riesige Hecken und hartnäckige Brombeerwurzeln dauerte etwa ein Jahr, bis der Weinberg vollständig aus seinem Dornröschenschlaf befreit wurde. „Klar hätten wir schneller damit sein können, aber zwischen dem 1. März und dem 30. September darf man schließlich nicht roden. Und sich an den Naturschutz zu halten ist mir sehr wichtig“, erklärt Sarah Hulten.
Nach dem Roden ist vor dem Pflanzen
Mit jeder Hecke die gewichen ist offenbarte die alte Steillage einige historische Schätze. So stammen die alten Trockenmauern teilweise sogar aus der Zeit rund um den 30-jährigen Krieg. Der nächste Schritt ist nun, Teile dieser Mauern zu sanieren, bevor im Mai die ersten Weinreben gepflanzt werden.
Gut versteckt unter dem hohen Brombeergestrüpp konnte die Leutesdorferin nicht wissen, was sie darunter genau erwartet. „Ich habe nicht die Katze im Sack gekauft, sondern den Weinberg unter der Dornenhecke“, sagt die junge Frau lachend. Doch das Projekt ist eine Herausforderung, der sich die Leutesdorferin gerne stellt. Sich das Wissen anzueignen sei dabei kein Problem. „Man stößt manchmal an seine körperlichen Grenzen. Aber ich gehe die Dinge immer positiv an und schätze die Herausforderungen. Wenn man sich ihnen stellt und sie meistert, stärkt das einen“, erzählt die 26-Jährige optimistisch.
Wertschöpfung und Naturschutz
Das Endprodukt – ein besonderer Riesling – ist nur das Tüpfelchen auf dem I, denn der Quereinsteigerin geht es neben dem Erhalt der wertvollen Kulturlandschaft auch noch um etwas anderes. Mit ihrem Plan R möchte die Jungwinzerin einen Beitrag zur Wertschöpfung der harten Arbeit der Winzer schaffen. Zudem dient das Weinbergprojekt auch dem Schutz eines besonderen Lebensraums für viele Tierarten, wie Eidechsen, Schmetterlinge und Bienen. Bei umweltschonender Bewirtschaftung möchte die junge Frau auf 100 % Handarbeit und eine vielfältige und bienenfreundliche Begrünung setzen.
„Ich bin meinen Unterstützern unglaublich dankbar und freue mich vor allem auch schon auf die Rebstockpaten, von denen einige ihre Rebe sogar selbst Pflanzen werden.“
Mit Crowdfunding dem Ziel entgegen
Für die Umsetzung ihres Plans suchte Sarah Hulten über eine Crowdfunding-Plattform im vergangenen Dezember und Januar Unterstützer. 317 Weintrinker, Genussmenschen oder Naturfreunde haben sich in nur fünf Wochen finanziell an dem Projekt beteiligt und so eine stolze Summe von 24 140 € zusammengetragen. Damit wurde das zweite Fundingziel (17 000 €) zu 142 % erreicht. „Nicht nur das einmal quer durch Deutschland die Leute mitgemacht haben, es haben sogar Leute aus den USA, der Schweiz, Dänemark und Finnland etwas dazugegeben“, freut sich die Medienwissenschaftlerin.
Der Überschuss aus dem Crowdfunding fließt ebenfalls in die Rekultivierung des alten Weinberges. „Das Geld wird zu 100 % projektgebunden verwendet, das ist mir sehr wichtig“, erklärt Sarah Hulten und zeigt sich erfreut über den Puffer. „Jetzt kann ich das Projekt weiter optimieren und es bestmöglich umsetzen.“ Die zusätzliche Summe bietet der engagierten jungen Frau mehr Freiraum bei ihrem Ziel. „Jetzt muss ich nicht jede Münze zweimal umdrehen.“