KIRCHWALD. -edb- Es ist die Geschichte von starken Frauen, einem Lottogewinn und dem richtigen Riecher für kaufmännische Entscheidungen: Die Bäckerei Klein aus Kirchwald hat alles richtig gemacht. Und das seit Generationen. Susanne (45) und Bernd Klein (51) haben das Sterben der kleinen Bäckereien in der Vordereifel überlebt. Es ist der letzte inhabergeführte Betrieb in Kirchwald.

Und das haben sie ihren Vorfahren zu verdanken, genauer genommen Bernds Vater Eduard, der mit seinem 5-er im Lotto und damit einem Gewinn von 2250 DM eine Ford 12 M kaufte und den Grundstein für die Bäckerei als Auslieferungsbetrieb legte. Begonnen hatte er mit einem Fahrrad, war später aufs Moped umgestiegen und kaufte nach der Ford-Limousine einen VW-Bus als Lieferwagen und schließlich einen Ford Transit.

Als er plötzlich und unerwartet verstarb, mussten Susanne und Bernd die Touren mühsam erarbeiten. Zeit für eine Übergabe war nicht geblieben. Genauer Kenner der gefahrenen Wege war Sohn Felix, damals drei Jahre, aber ständiger Begleiter seines Opas Eduard. Susanne nutzte dessen ausgeprägten Orientierungssinn und machte sich auf den Weg zur Kundschaft. „Es hat geklappt“, lacht sie heute, doch wenn sie zurückdenkt, war es eine schwere Zeit.

„Das Ladengeschäft war nie so stark wie die Lieferungen, es ist der Hauptzweig geblieben“, sagt Bernd und zählt die Orte auf, die heute beliefert werden: Kirchwald, Langenfeld, Arft, Siebenbach, Acht, Kottenheim, Ettringen, St. Johann, Welschenbach, Baar, Herresbach, Döttingen, aber auch weitere Orte außerhalb der Verbandsgemeinde.

Doch die Fahrten bedeuten weit mehr als nur Warenauslieferung an die Kunden, sie sind für ältere Menschen oftmals neben der Sozialstation und dem Postboten der einzige Kontakt zur Außenwelt.

„Wir freuen uns gemeinsam über schöne Anlässe, aber wir leiden auch mit ihnen bei schweren Schicksalsschlägen“, gibt sich Susanne nachdenklich und Bernd mahnt im Hinblick auf das zunehmend anonymisierte Einkaufsverhalten: „Wir alle werden einmal alt und höchstwahrscheinlich nicht mehr mobil sein.“

 

Bäckerei Klein Kirchwald

Starke Frauen in der Bäckerei Klein

In der Bäckerei Klein hat ganz traditionell der Mann das Sagen in der Backstube. Im Verkaufsladen, bei den Tourenfahrten und auch im Büro hat Susanne das Zepter in der Hand. Eine starke Frau, die sich damit – nicht nur aufgrund der Namensgleichheit – in die Familiengeschichte der frauengeführten Betriebe einreiht. Denn vor 91 Jahren hatte Susanna Klein die Bäckerei im Rahmen eines Lebensmittelgeschäftes, damals noch in der Töpferstraße, gegründet. Ein Geschenk ihres Ehemannes Josef zum Namenstag, weil sich Susanna unbedingt selbstständig machen wollte.

Ihr Sohn Fritz führte nach abgeschlossener Bäckerlehre und Meisterprüfung den Betrieb mit seiner Frau Cäcilie Klein weiter. Doch beim schweren Fliegerangriff auf Mayen kam er ums Leben. Gerade in dem Moment, als er sich auf dem Amtsgericht eingefunden hatte, um die Verlängerung seines Heimaturlaubs zu beantragen. Cäcilie, bereits dreifache Mutter, führte den Betrieb neben der Landwirtschaft fort und absolvierte 1952 „nebenbei“ als erste Frau im Bezirk Koblenz auch noch die Meisterprüfung.

Ein schweres Erbe

In den 50-er Jahren stieg Sohn Eduard in den elterlichen Betrieb mit ein und legte den Grundstein für den späteren Auslieferungsbetrieb mit Fuhrpark. Nach der Meisterprüfung übernahm er das Geschäft, seine Mutter arbeitete weiter mit. Anfang der 70-er Jahre wurde das heutige Wohn- und Geschäftshaus in der Schulstraße erbaut und in den 80-ern eine neue Backstube hinter dem Wohnhaus errichtet. Bernd Klein übernahm nach bestandener Meisterprüfung 1992 die Bäckerei in vierter Generation. Bis zu dem plötzlichen Tod seines Vaters und seiner Großmutter im Jahre 2001 arbeiteten drei Generationen unter einem Dach.

Mittlerweile beschäftigt die Bäckerei Klein fünf Angestellte, bietet 11 verschiedene Sorten Brot und 14 verschiedene Sorten Brötchen neben einer breit gefächerten Auswahl an Teilchen und Kuchen an.

„Der Kunde wünscht wieder mehr die traditionelle Herstellung“, erklärt Konditormeister Bernd Klein. „Und er legt Wert auf die biologische und regionale Herkunft der Rohstoffe.“ Da liegt er mit seinem gedeckten Apfelkuchen à la Oma Cäcilie voll im Trend.

 

Bäckerei Klein Kirchwald

Der Techniker

Backen kann Bernd Klein gut, Torten herstellen auch, aber ganz besonders stolz ist er auf seine Sammlung von mittlerweile circa 40 Mofas und Motorrädern. Denn in der Brust des Bäcker- und Konditormeisters schlägt auch noch das Herz eines Technikers. 2012 hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und zusätzlich einen Kfz-Einzelhandel mit Maschinenpflege und Wartung im Nebengewerbe angemeldet. Selbst die Bäckerfahrzeuge hat er eigenständig auf den neuesten Stand der Technik umgerüstet.

Reparaturen an seiner Brotstraße erledigt Bernd im Übrigen gemeinsam mit Sohn Felix, der ihn als gelernter Kfz-Mechatroniker gut in seinem Hobby unterstützen kann.

 

Fotos: Billigmann / VG Vordereifel