SEVENICH. -edb- Die längst als verschollen geglaubte Ottilienquelle, die von Nonnen im 17. Jahrhundert als Heilwasser bei Augenleiden genutzt wurde, liegt inmitten der Sevenicher Feuchtwiesen, dem Gebiet, über das Gavin und Martina Grosvenor seit Anfang des Jahres ihre Bachpatenhände halten.

Die große weite Welt sucht Gavin Grosvenor schon längst nicht mehr. Die bekommt er ohnehin als afrikanischer Trommelbauer und Vertriebshändler beruflich frei Haus. „Das eigentliche Abenteuer liegt vor der eigenen Haustür“, sagt er und führt den Blick auf die eigenwillige Natur im sumpfigen Landschaftsschutzgebiet von Sevenich.

Die sensationelle Entdeckung der Ottilienquelle haben sie bei ihren Erkundungstouren durch Wald und Wiese gemacht. Insgesamt 3,8 Kilometer lang ist die ihnen anvertraute Strecke des Pilliger Bachs und des Wallerbachs.

Bei ihrer Bestandsaufnahme sind sie zu erschütternden Ergebnissen gekommen: Die teilweise sehr schlechte Wasserqualität mit erhöhtem Stickstoff- und vermindertem Sauerstoffgehalt wirkt sich nachweislich negativ auf die dortige Flora und Fauna aus.

„Ein dramatischer Zustand, an dem sich schnellstens etwas ändern sollte“, mahnen die Grosvenors an.

„Weltweit sterben Insekten, die durch ihren drastischen Rückgang viele andere Arten in ihrem Bestand gefährden, denn Amphibien, Vögel und Fledermäuse sind auf diese Nahrungsquelle angewiesen.“

Die landwirtschaftlich geprägte Verbandsgemeinde Maifeld hat das Problem erkannt und arbeitet mit Nachdruck an Renaturierungsmaßnahmen. Maßgebliche Unterstützung erhält sie von der Landes-Aktion „Blau Plus“. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit ist es ihr gelungen, die Bevölkerung einzubinden.

Denn dorthin hat es ihn mit Ehefrau Martina 2011 verschlagen. Ganz gezielt hatten sie die Stille und Ruhe gesucht, fernab vom Bahn-, Flug- und Schiffslärm, den sie vom Rheingau her kannten und der mit den Jahren immer unerträglicher zu werden schien. Seitdem sind sieben Jahre vergangen, Gavin und Martina älter geworden, die Kinder groß – und das Bewusstsein für die Verantwortung dieser einen Welt gewachsen.

Faszination Natur

„Die Idee, eine Patenschaft über einen Bach zu übernehmen, hat mich irgendwann nicht mehr losgelassen“, erzählt die vierfache Mutter. Nach einem Telefonat mit ihrem Mann, der sich zu diesem Zeitpunkt geschäftlich in Mali aufhielt, war klar: Die Grosvenors werden sich für die gute Sache engagieren.

Seit Anfang des Jahres halten sie über zwei Bäche ihre schützenden Hände: den Pilliger Bach und den Wallerbach, der in unmittelbarer Nähe an ihrem Haus in Sevenich vorbeiplätschert, bei Starkregen aber auch gerne mal bis an die Garagentore vorfühlt.

„Wir können jetzt also vor der eigenen Haustüre kehren“, lacht Martina, um gleich wieder inne zu halten, denn das Thema ist ernst.

Das ganze Ausmaß erforderlicher Renaturierungsmaßnahmen konnten sie erst nach erfolgten Erhebungen und Dokumentationen erfassen. Ein Bestand, den es in dieser Form noch nicht gab und der einiges zutage förderte.

Nitrat, Phosphor 
und Fäkalien

Zum Beispiel, dass die Gewässerbelastung mit Nitrat, Phosphor und Ammoniak an einigen Stellen sehr hoch ist, dass Gewässerrandstreifen von der Landwirtschaft nicht konsequent eingehalten werden und dass bei gewöhnlich starkem Regen die Kanalisation von Pillig samt Toilettenpapier und Fäkalien in den Pilliger Bach überläuft. „Das ist zwar erlaubt, weil genehmigt, aber zeitgemäß ist das nicht“, sagt Martina, die hier dringenden Handlungsbedarf von Seiten der Verwaltung sieht.

Schnelle Hilfe durch Bachrandstreifen

Ihr großer Wunsch: die Rückgewinnung naturbelassener Lebensräume für Tiere und Insekten durch Schaffung von Bachrandstreifen. Hier sehen die Grosvenors die Landwirte gefordert, die die erforderlichen fünf Meter Bewirtschaftungsabstände zu den Bächen einhalten müssten. Ebenso wichtig auch der Rückbau noch vorhandener Betonwannen.

Es gibt aber auch noch ein Eldorado . . .

Am tiefsten Punkt auf den Sevenicher Feuchtwiesen fließen die Wassermassen des Pilliger und des Wallerbachs sowie das Oberflächenwasser aus dem gesamten Umland zusammen und haben dort ein besonders schützenswertes Biotop entstehen lassen, in dem schon jetzt mehr als 80 bedrohte Arten gelistet worden sind. Darunter die Ringelnatter, verschiedene Grasfrösche, Libellen und Schmetterlinge, aber auch Sumpfgräser und Schilfarten.

. . . und die Ottilienquelle

Und noch einen kleinen Sensationsfund haben die Grosvenors bei ihren Recherchen vor Ort machen können: Sie haben die lange als verschüttet geglaubte Ottilienquelle (diente den Nonnen aus dem 17. Jahrhundert als Heilwasser bei Augenleiden) entdeckt und festgestellt, dass ein zweiter eigenständiger Zulauf existiert, der aufgrund seines Mineralstoffgehaltes auf eine direkte Einspeisung durch die Thermalquellen in Bad Breisig hinweisen könnte.

Derzeit prüft der Wasserversorgungszweckverband, unter dessen Obhut die Ottilienquelle steht, ob der BUND sie im Rahmen seiner Wasserläuferprojektes wieder renaturieren darf.

 

Eine Libelle an der Orttilienquelle  Ottilienquelle

 

Ottilienquelle   Ottilienquelle

 

Fotos: Billigmann / Gavin Grosvenor