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ANDERNACH. -com- „Ich habe ihn überlebt . . . Diesen Samstagmorgen im April 1998, der mein Leben radikal veränderte. Wenige Tage danach war nichts mehr wie vorher… Ich wurde Dialysepatient.“ Mit diesen Worten endet der Prolog des autobiografischen Buches von Christian Paul, der sich in jungen Jahren plötzlich mit dieser Krankheit auseinandersetzen musste. Anstatt an dieser Hürde zu verzweifeln, kann er daran wachsen und sogar Positives herauszuziehen. AM WOCHENENDE traf sich mit dem Autor und sprach über sein erstes Buch.

„Im Sommer 2016 bin ich eines Morgens aufgewacht und meinte zu meiner Frau ,Ich schreibe ein Buch‘,“ erinnert sich Christian Paul, gelernter Musikkaufmann, noch sehr genau und lacht: „So war es tatsächlich.“ Die Beweggründe ein solches Buch zu seinem Leben mit der Dialyse zu schreiben, boten die Menschen, mit denen der 43-Jährige zu tun hat.

„Das Problem ist beispielsweise häufig das Trinken in Gesellschaft. Viele fragen sich dann, warum ich nur so wenig trinke“, berichtet der Autor. „Man muss doch viel trinken, das ist gut für die Nieren“, ist nur einer der Kommentare, die Christian Paul, auch in seinem Buch erwähnt, die bei ihm nur noch ein müdes Lächeln hervorbringen. Denn wie die Realität eines Dialysepatienten aussieht, das schildert er in seinem knapp 270 Seiten Buch.

Was bedeutet Dialyse?

Dank der einfachen medizinischen Erklärungen, die als Zwischenkapitel der Aufklärung des Lesers dienen, wird jeder schon nach den ersten Seiten zu dem doch sehr komplexen Thema informiert. Ein selbst erklärtes Ziel von Christian Paul ist es, das Thema Dialyse auf eine in dem Fall sehr persönliche und auch unterhaltsame Weise näher zu bringen – und vor allem ohne Fachjargon. „Ich musste natürlich diese ganze Fachliteratur wälzen – das war hart“, lacht er.

Und dennoch hat er es geschafft, den Begriff Dialyse so gut aufzuarbeiten, dass auch jemand ohne jegliches Vorwissen folgen kann. Diesen Teil, wie Christian Paul es selbst betont, konnte er lediglich dank der Unterstützung seines langjährigen Arztes Dr. Gerhard Richter (im Buch benannt als „Bert Lichter“) bewältigen.

„Er ist in den 25 Jahren, in denen wir uns schon kennen, wie ein väterlicher Freund für mich geworden“, merkt der 43-Jährige an, der nach der Schule eine Ausbildung als Schmied im Kloster Maria Laach begann, diese jedoch krankheitsbedingt abbrechen musste.

Sowohl im Gespräch als auch im Buch beschreibt der Autor den Umstand, dass man als Dialysepatient mit Ärzten, anderen Patienten oder Krankenpflegern häufig mehr Zeit verbringt als mit Bekannten oder Verwandten. Drei Mal in der Woche sitzt er für mehrere Stunden an der Maschine, während die „Blutwäsche“ erfolgt.

In den persönlichen „Side Storys“, wie Christian Paul sie nennt, berichtet er von vielen Situationen, in denen er während Aufenthalten im Krankenhaus oder auf den Dialysestationen Freundschaften schloss mit Menschen, bei denen er sich wohl fühlte. In manchen Fällen musste er dabei herbe Verluste einstecken, weil er sich schon oft von neu gewonnenen Freunden verabschieden musste. „Mittlerweile habe ich gelernt, mich nicht mehr zu sehr an Leute zu binden“, erklärt der Autor und weiß, dass es für ihn einfacher ist, wenn er sich dieses „Schutzschild“ aufbaut.

Angeln Christian Paul

Das Thema „Angeln“ spielt im Leben des Autors (links) eine große Rolle. Mit seinem Vater (rechts) sammelte er dabei einmalige Erfahrungen.

Geschenkte Zeit 
im Alltag

In seinem Buch schreibt er: „Die Maschine raubt mir nicht die Zeit. Im Gegenteil – sie schenkt mir viele freie Stunden für Dinge, die sonst so nicht möglich wären.“ Diese positive Grundeinstellung, die der noch junge Christian Paul vorerst nicht hatte, stellt sich schnell ein, wenn man diese und andere Passagen im Buch liest.

Er gibt Betroffenen einen Denkanstoß, die Erkrankung nicht als Einschränkung zu sehen, sondern als „Mehrwert“ wahrzunehmen. Fernkurse, für die man im Alltag keine Zeit findet, oder andere Dinge, die sonst zu kurz kommen, nimmt Christian Paul in Angriff. Genauso wäre er nie zum Schreiben gekommen ohne die Erkrankung: „Da ich früher die Musik für mich hatte, brauchte ich einen neuen kreativen ,Output‘, den ich mit dem Schreiben gefunden habe.“

Diese neu gewonnene Stärke für sein Leben symbolisiert auch das Cover seines ersten Werks. „Ich bin sehr froh über das Ergebnis des Buchcovers“, freut er sich. Der „Riss“, der durch sein Leben ging, wird durch die Tesastreifen zusammengehalten. Im Klappentext beschreibt er:

„Nach 18 Jahren an der Maschine ist mein Leben immer noch blau. Es ist zwar nicht mehr dieses herrliche Himmelblau von einst, doch wurde mit der Zeit aus Dunkelblau ein schönes Azurblau. Die Farbe des Meeres . . .“

Wie es mit Christian Paul weiter geht, das bleibt abzuwarten – den schwierigen Schritt der Transplantion will er in den nächsten Jahren angehen.

 

Pavement Party

Die Band „Pavement Party“ war ein wichtiger Bestandteil im Leben des Autors. Christian Paul (Mitte) machte gemeinsam mit Helmut Glees (links) und Stefan Müller (rechts) Musik. Das Foto entstand im Jahr 1997.

Neues Leben spenden?

Auch das umstrittene Thema der Organspende wird in seinem Buch thematisiert. Weil Christian Paul die Leser dazu aufrufen will, selbst eine Entscheidung zu treffen – auch wenn sie gegen eine Spende ist. Aus diesem Grund hat er in dem Buch einen Organspendeausweis.

„Es ist wichtig, dass man selbst darüber nachdenkt und diese Entscheidung im Ernstfall nicht anderen überlassen muss“, merkt er an.

Wer sich mit Paul über diese Themen unterhalten möchte, hat vielleicht in diesem Jahr Gelegenheit dazu, wenn er zu Lesungen nach Andernach kommt. „Passend zu meinem Buch werde ich eventuell im V8 mit musikalischer Unterstützung sein“, freut er sich schon. Wer „5928 Stiche“ selbst liest, wird schnell feststellen, dass das V8 in Andernach auch die passende Location für eine solche Lesung ist.

Weitere Infos und mehr zu kommenden Buchprojekten gibt es hier.

AM WOCHENENDE verlost gemeinsam mit dem Autor fünf Exemplare von „5928 Stiche“. Schicken Sie uns einfach Ihren Namen und Ihre Adresse per E-Mail an: 
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