COCHEM. –edb- Die Stadt Cochem betritt kulturelles Neuland: Zum ersten Mal bietet sie einen internationalen Meisterkurs für Gesang an.

Kulisse ist das Kapuzinerkloster, das sich zum modernen Kultur- und Tagungszentrum der Stadt entwickelt hat. Prominenter Kursleiter ist der aus Mittelstrimmig stammende Bassbariton Thilo Dahlmann, einer der Solisten beim Eröffnungskonzert der Hamburger Elbphilharmonie. Dahlmann ist Dozent für Gesang an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln und Wuppertal, unterrichtet als Gastprofessor an der Kunstuniversität Graz und übernimmt ab April eine Vertretungsprofessur an der Musikhochschule Frankfurt. Das Eröffnungskonzert am 6. März im Kapuzinerkloster bestreitet Thilo Dahlmann gemeinsam mit Ileana Mateescu, begleitet von Hedayet Djeddikar am Flügel.
Thilo Dahlmann, der mit seiner Familie in Köln wohnt, ist seiner Heimat noch immer eng verbunden. AM WOCHENENDE hat den Künstler besucht.

Thilo Dahlmann (41) ist bekennender Fußballer. Schon in seiner Kindheit war er im Hunsrücker Fußballverein aktiv. Dieser Tradition ist er bis heute treu geblieben. Mit dem Unterschied, dass er jetzt in Köln beim Väterfußball an der Schule seiner Kinder (10 und 13) mit kickt. „Ich habe immer gern gespielt“, schmunzelt der international bekannte Konzert- und Liedsänger Dahlmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Ob gut, wagt er zu bezweifeln. Nur so viel: Wollte man seinen fußballerischen Werdegang näher beleuchten, wäre jetzt Schluss. Einen Namen hat sich der in Mittelstrimmig aufgewachsene Künstler mit seiner Stimme gemacht. Ein Talent, das lange in ihm schlummerte, das aber so richtig lange keiner erkannt hatte. Wäre da nicht ein Zufall gewesen, der ihn auf den richtigen Weg brachte.

 
Obwohl er schon seit seinem achten Lebensjahr Klavier und später Orgel spielte und sein Herz eindeutig für die Musik schlug, war es nicht das Fach seiner Wahl. Stattdessen schrieb sich der angehende Student an der Bonner Uni fürs Jurastudium ein, merkte aber recht schnell, dass Dahlmann und Jura nicht so recht zusammenpassen wollten, und wechselte nach kurzer Zeit zu den Fächern Politik, Geschichte und Französisch. Seiner inneren Neigung folgend, begann er parallel dazu beim Bistum in Köln eine Ausbildung zum Kirchenmusiker. Dort sang er in den Arbeitschören mit. Bei einer Chorreise nach Frankreich bemerkte eine Dozentin der Essener Folkwang-Hochschule 0000sein Talent und empfahl ihm, Gesang zu studieren. Dahlmann folgte dem Rat, beendete aber sicherheitshalber sein Geschichtsstudium noch nicht. Doch schon bald gab ihm der Erfolg Recht. Bereits während des Studiums erhielt er ein Engagement im Opernstudio des Zürcher Opernhauses. In dieser Zeit legte er sein Konzertexamen ab. Natürlich mit Auszeichnung.
Nach seinem Gesangsstudium wurde der Sänger Mitglied des Internationalen Opernstudios des Zürcher Opernhauses, wo er wichtige Impulse durch den Bariton Roland Hermann erhielt. Wie ein Schwamm sog er die Meisterkurse bei Charles Spencer, Michael Volle und Barbara Schlick auf, profitierte von der Zusammenarbeit mit Konrad Jarnot und Carol Meyer-Bruetting. Seine Mühen sollten sich lohnen: Beim Landesgesangswettbewerb Nordrhein-Westfalen erhielt er den ersten Preis, 2013 den Liedpreis des Kultusministeriums Schleswig-Holsteins sowie den Nikolaus Bruhns-Sängerpreis. Das Jahr 2017 fing für ihn mit einer ganz besonderen Herausforderung an: Er wurde als Solist fürs Eröffnungskonzert der Hamburger Elbphilharmonie engagiert.
Dass der viel beschäftigte Künstler nun mit dem Meisterkurs im Kapuzinerkloster am 6. März den Weg nach Cochem gefunden hat, ist seiner Heimatverbundenheit und dem Engagement des dortigen Stadtbürgermeisters, Wolfgang Lambertz, zu verdanken. „Meine Mutter und viele meiner Verwandten leben noch in Mittelstrimmig und in Cochem treffe ich noch häufig meine ehemaligen Klassenkameraden“, erzählt Thilo Dahlmann, der sich schon jetzt auf ein Wiedersehen mit Familie und Freunden freut.
Infos unter www.cochem-vokal.de.

Repertoire

Als Konzert-, Opern- und Liedsänger reicht Thilo Dahlmanns Repertoire von frühbarocker Vokalmusik bis zu zahlreichen Uraufführungen. Sein Schwerpunkt liegt bei Bach, Händel und den großen romantischen Oratorienpartien. Diese führten ihn unter Dirigenten wie Thomas Hengelbrock, Michael Alexander Willens, Jaap van Zweden, Danile Reuss oder Masaaki Suzuki in Konzerthäuser wie der Kölner und Essener Philharmonie, der Tonhalle Zürich, dem Concertgebouw Amsterdam und dem Festspielhaus Baden-Baden. Zuletzt war er Gast der Salzburger Festspiele, des Bachfestes Leipzig, der Händel-Festspiele Halle, des Schleswig-Holstein Musikfestivals und des Eröffnungskonzertes der Hamburger Elbphilharmonie.

Rundfunk- und Fernsehaufnahmen (WDR,hr, SWR, France Musique, NHK, MDR; Arte und ZDF)) ergänzen Thilo Dahlmanns künstlerische Tätigkeit ebenso wie CD- und DVD-Aufnahmen (Carus, cpo, querstand, DECCA). Zuletzt veröffentlichte das Wiener Label Capriccio eine Debüt-CD mit Schu-bertliedern, begleitet von Charles Spencer am Klavier. Thilo Dahlmann kann aber auch Pop: Sein erster „Popsong“ war im letzten Jahr die Zugabe bei einer großen Orchestertournee mit Weihnachtsmusik von Mendelssohn-Bartholdy „And so it goes“ von Billy Joel.

Infos unter www.cochem-vokal.de.

Fotos: Marco Borggreve / Billigmann